Ich beurteile schon seit längerer Zeit die Menschen nach den Gegenständen, die sie tragen, lieb haben und für hübsch finden. Das ist ein „biografical essay“ über ihr eigenes Wesen! Zum Beispiel sind mir Männer höchst suspekt, die Stöcke tragen mit oxydierten Silbergriffen, die irgend etwas vorstellen, wie Hundekopf, Schlange oder gar ein reizendes Frauenköpfchen mit Lockengewirr. Freilich haben die Kerls dann die Ausrede, sie hätten es von einem lieben Freund geschenkt erhalten; aber erstens hat man keine solchen geschmacklosen Freunde eben nicht zu haben (zwei Verneinungen geben leider eine Bejaung), und zweitens kann man das Geschenk einem guten Freund auch über den Schädel hauen. Überhaupt bin ich unter kultivierten Menschen nur für „Bons“ in einem bestimmten Geschäft! Suspekt ist mir auch rosa, hellblaue und grellrote Seide, während Atlas, Samt oder Damast bereits zu den „leichten Vergehen wider die Sittlichkeit“ zu zählen sind. Bedruckte, nicht gewebte Krawatten, erregen ziemliches Bedenken, obzwar hier die „Natur-Bauernmuster“ noch zu pardonnieren sind. In „einer einzigen Farbe“ gekleidet sein, vom Hut bis zu den Schuhen, ist „letzte Aristokratie“ 1913! Schirme haben nur Naturgriffe zu haben. Ein freier Hals ist edelrassig. Hohe Krägen sind ein Nonsens, außer für Störche. In einem Kleidungsstücke nicht sämtliche Bewegungen eines erstklassigen Parterreakrobaten im „Apollotheater“ machen zu können, ist schlechtrassig! Hosen können nie breit genug sein, und sind immer noch viel zu eng! Letzte Knöpfe am Gilet offen zu lassen, ist eine miserable Vergeßlichkeit. Jemandem, der sagt, er wolle nicht auffallen, dem erwidere ich, daß auch Beethovens Adagios auffallend waren, nämlich auffallend schön! „Die Herde ist das, wovon man sich in allem zu unterscheiden hat!“ „Man trägt jetzt — — —“ ist ein hundsordinärer Blödsinn.
„Guten Morgen, mein Herr, wie steht Ihr wertes Befinden?!“ sagte ich zu einem Fremden, der auf dem „Semmeringer Hochweg“ mit Zylinder spazieren ging.
„O sehr gut, in dieser herrlichen Gebirgswelt; aber woher kennen Sie mich denn?!“
„Ich kenne Sie seit Ihrer Geburt wie meine eigene Tasche, da ich sehe, daß Sie hier einen Zylinder tragen — — —“
„Ich bin das meiner Stellung in der Welt schuldig, mein Herr — — —“
„Auch das habe ich sogleich bemerkt, daß Sie irgendjemandem irgend etwas schuldig sind — — — !“